Bezüglich Pflegeversorgung gibt es zahlreiche Herausforderungen. Die wichtigsten, die auch die Gemeinden betreffen, werden hier kurz benannt und auf Handlungsmöglichkeiten für Gemeinden hingewiesen. Gesellschaftliche Trends, Fehlanreize im Finanzierungssystem und mangelnde Gesamtsicht sind die grössten Herausforderungen, denen die Gemeinden nicht einzeln begegnen können.

Die ältere Bevölkerung wächst und die Pflegekosten steigen weiter

Die Pflegekosten sind in den letzten Jahren aufgrund des wachsenden Anteils an alten, pflegebedürftigen Menschen laufend gestiegen. Die Gemeinden tragen als Restkostenträger den grössten Teil des Kostenanstiegs.

Die stationären Pflegekosten sind seit 2012 von jährlich unter 600 Millionen Franken bis 2020 auf jährlich knapp 800 Millionen Franken gestiegen. Bereits zwei Jahre nach der Einführung der Pflegefinanzierung, übernahmen die Gemeinden den grössten Anteil der stationären Pflegekosten; im 2020 ist der Gemeindeanteil auf rund 50 %, bzw. rund 400 Millionen Franken im Jahr angestiegen. Im gleichen Zeitraum haben sich die ambulanten Pflegekosten auf tieferem Niveau von jährlich 150 Millionen Franken auf rund 375 Millionen Franken mehr als verdoppelt. Der Anteil der OKP und der Gemeinden ist mit ca. 50 % ähnlich hoch geblieben.

Gemäss Bevölkerungsprognosen wächst der Anteil der älteren Bevölkerung in den nächsten Jahren weiter und damit nehmen auch die Pflegekosten zu. Die finanzielle Belastung der Zürcher Gemeinden durch die steigenden Pflegekosten wird in den nächsten Jahren weiter steigen.

Die Pflegefinanzierung ist im Wandel und bleibt anspruchsvoll

Die Gemeinden sind seit 2011 für die Pflegeversorgung zuständig und haben seither sehr viel Fach- und Praxiswissen aufgebaut. Der Aufwand beispielsweise für das Controlling und die Aufrechterhaltung des Know-hows ist beträchtlich, insbesondere in kleinen Gemeinden. Durch die Weiterentwicklung von Wissen und Methoden und den Austausch unter den kommunalen Fachpersonen und den politisch Verantwortlichen können die Gemeinden viele ihrer Aufgaben innerhalb des Systems auch künftig meistern. Mit Blick auf die nächsten Jahre sollten weitere Herausforderungen im Kanton Zürich gemeinsam angegangen werden, z. B. durch eine Zusammenarbeit von Gemeinden, Leistungserbringern, Gesundheitsdirektion und weiterer Stakeholder.

Auf nationaler Ebene wird seit einiger Zeit eine einheitliche Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen der Krankenversicherung gefordert (EFAS). Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) fordert zusätzlich den Einbezug der Pflegeleistungen (EFAS+). Durch eine Umsetzung könnte sich die separate Pflegefinanzierung durch die öffentliche Hand erübrigen. Die Umsetzung einer solchen Finanzierung ist komplex, weshalb das Geschäft schon seit längerer Zeit im Parlament bzw. dessen Kommissionen diskutiert wird.

  GeKoZH Bericht: Erfahrungsanalyse 10 Jahre Pflegefinanzierung Kanton Zürich

Schwierige Prognosen und wenig Koordination in der Versorgungsplanung

Im Kanton Zürich wird ein Überangebot an Pflegeplätzen prognostiziert und ein hoher Anteil an Heimaufenthalten bei geringem Pflege- und Betreuungsbedarf festgestellt. Beides kann zu höheren Pflegekosten führen.

Für Gemeinden ist die Versorgungplanung für stationäre Pflegeplätze anspruchsvoll und insbesondere für kleine Gemeinden schwierig. Auch die bisherige Bewilligungspraxis für neue Alters- und Pflegeheime durch die Gesundheitsdirektion, die unabhängig vom Bedarf und eigentlich ohne Mitsprache der Standortgemeinden stattfindet, führt zu einer Planungsunsicherheit für die Gemeinden.

GeKoZH Bericht zur Versorgungsplanung (2022)

Fachkräftemangel in der Pflege

Angesichts des steigenden Pflegebedarfs wird der Fachkräftemangel in der Pflege eine zunehmende Herausforderung und die Gemeinden sind mitbetroffen. Schon länger gibt es dazu Bemühungen von Kanton (z. B. Ausbildungsverpflichtung der Betriebe um neue Pflegefachkräfte zu gewinnen) und Leistungserbringern (z. B. bessere Arbeitsbedingungen um Pflegefachkräfte im Beruf zu halten). Mit Annahme der Pflegeinitiative werden zusätzliche Massnahmen umgesetzt. Politik und Verbände fordern eine rasche Umsetzung (vgl. Kapitel 1).

Hilfe- und Betreuungsleistungen sind grundsätzlich nicht finanziert

Pflegebedürftige Menschen sind meist auch auf Hilfe und Betreuung angewiesen. Diese müssen die Betroffenen selbst organisieren und meist auch selbst bezahlen, wobei sich aber die Gemeinden bei eigenen oder beauftragten Spitex-Organisationen je nach wirtschaftlicher Lage der LeistungsbezügerInnen an den Kosten von notwendigen Hilfe- und Betreuungsleistungen mindestens zur Hälfte beteiligen müssen (§ 13 Pflegegesetz). An- und Zugehörige leisten sehr viel unbezahlte Arbeit und um eine Überforderung der betreuenden An- und Zugehörigen zu vermeiden, sind Entlastungsangebote notwendig.

Ohne diese Betreuung, z. B. wenn Angehörige überlastet sind, bei Menschen ohne Angehörige, Menschen mit geringem Einkommen/Vermögen, steigen die Chancen auf einen frühzeitigen Heimeintritt (meist auf Kosten von Ergänzungsleistungen für Hotellerie- und Betreuungstaxen). Gesellschaftliche Trends wie beispielsweise die Zunahme an Single-Haushalten, Menschen ohne An- und Zugehörige in der Nähe oder Arbeitstätigkeit der An-/Zugehörigen erhöhen diese Chancen.

Zu dieser Thematik gibt es Vorstösse auf nationaler und kantonaler Ebene und die Paul Schiller Stiftung befasst sich mit gute Betreuung im Alter.