Die grösste Herausforderung besteht im Anwachsen der alten Bevölkerung und dem steigenden Anteil an der Gesamtbevölkerung. Deshalb werden die Alterspolitik sowie die Planung, Organisation und Finanzierung der Gesundheits-, Alters- und Pflegeversorgung immer wichtiger (Kapitel 1, Kapitel 2, und Kapitel 3)

Mitgestaltung und Selbstbestimmung bis ins hohe Alter

Die neue Generation der alten Menschen (Babyboomer) ist generell gesünder, mobiler und innovationsfreudiger als die vorherige. Diese Generation will ihr Alter aktiv gestalten, hat individuellere Lebensformen und höhere Erwartungen, insbesondere wollen viele bis an ihr Lebensende ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen. Deshalb stösst bei den meisten ein langjähriger Aufenthalt in herkömmlichen Alters- oder Pflegeheimen auf Ablehnung. Wie alte Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf in ihrem Zuhause versorgt werden und wie diese Leistungen finanziert werden, ist angesichts des Fachkräftemangels und der steigenden Kosten eine wichtige Frage.

Bezahlbare Alterswohnungen und neue Wohnformen für das Alter

Viele Menschen können nicht bis ins hohe Alter in ihren angestammten Häusern oder Wohnungen bleiben, weil diese vielleicht zu gross, zu abgelegen oder nicht hindernisfrei sind oder weil die Wohnungsmiete vor einer Gesamtsanierung gekündigt wird. In vielen Zürcher Gemeinden ist der Wohnraum knapp und alte Menschen scheinen weniger Chancen auf dem offenen Wohnungsmarkt zu haben. Insbesondere für alte Menschen mit tiefen Einkommen und ohne Vermögen kann die Suche nach einer altersgerechten Wohnung schwierig sein.

Gemeinden können bezahlbaren, altersgerechten Wohnraum fördern und die raumplanerische Entwicklung steuern und nicht nur privaten Akteuren überlassen. Neue Wohnbauprojekte für das Alter bedeuten aber meist grosse finanzielle und planerische Herausforderungen. Auch sind noch viele Fragen offen, insbesondere bezüglich geeigneter Finanzierungsmodelle von neuen Wohnformen für das Alter, wie z. B. betreutes Wohnen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist die Erhöhung von Ergänzungsleistungen zur Finanzierung von Betreuungsleistungen zu Hause, bzw. von betreutem Wohnen. Zunehmende Bedeutung erlangen intermediäre Strukturen.

Betreuung im Alter

Die Betreuung im Alter ist ein zentrales Unterstützungselement für hochaltrige Menschen und trägt dazu bei, dass sie so lange wie möglich selbstständig sind und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Diese Betreuung wird mehrheitlich ohne Bezahlung von An- und Zugehörigen geleistet und ist im Gesundheits- und Sozialsystem noch kaum verankert. Da die Anzahl alter Menschen steigt und weil kostenlose Betreuungsleistungen voraussichtlich sinken, ist diese Thematik eine besondere Herausforderung für die Alterspolitik.

Es gibt verschiedene Lösungsansätze (z. B. EL für Betreuung im Alter, Betreuungsentschädigungen oder -gutschriften, Zeitvorsorge) die zeigen, wie notwendige Betreuungsleistungen trotz Fachkräftemangels und steigender Kosten auch künftig erbracht werden können.

Digitalisierung als Chance oder Hürde

Digitalisierung durchdringt unseren Alltag und kann die Lebensqualität verbessern, auch im Alter. Beispielsweise können Dienstleistungen einfacher bezogen, der soziale Austausch ermöglicht oder mit Assistenzsystemen die Wohnsicherheit erhöht werden. Hier gibt es laufend neue Angebote und Produkte, die man testen kann. Digitalisierung kann für alte Menschen also eine Chance oder aber eine Hürde sein. Die Umstellung auf digitale Dienstleistungen birgt die Gefahr von Ausschluss und Diskriminierung von alten Menschen (z. B. online Wohnungsbewerbung, Zahlungsverkehr). Deshalb muss bei der Angebotsentwicklung auf Nutzerbedürfnisse gezielt eingegangen werden und manche alte Menschen brauchen Unterstützung, um ihre digitalen Kompetenzen zu entwickeln.

Sorgende Gemeinschaft und altersfreundliche Umgebung

Die Individualisierung unserer Gesellschaft kann zu Vereinsamung und Entsolidarisierung führen. Die künftigen Herausforderungen können am besten gemeinsam und mit der Energie der Zivilgesellschaft gemeistert werden. Sogenannte Caring Communities wollen Freiwillige und Professionelle, Zivilgesellschaft und Staat zu einer lokalen Gemeinschaft verbinden, die für unterstützungsbedürftige Menschen sorgt.

Dass alte Menschen möglichst lange und selbstbestimmt in ihrer angestammten Wohnform verbleiben können, hängt auch von einer altersfreundlichen Umgebung ab. Sie kennzeichnet sich z. B. durch abgesenkte Trottoirs, sichere Strassenübergänge und Wege auch für Rollstuhl/Rollator, ausreichende Übergangszeiten an Ampeln, gute Beleuchtung, viele Sitzgelegenheiten, zugängliche Toiletten, Grünanlagen und Begegnungsräume mit hoher Aufenthaltsqualität. Weiter zeichnet sich eine altersfreundliche Umgebung durch hindernisfreien Zugang zu Gebäuden und Dienstleistungen inkl. zum öffentlichen Verkehr sowie durch nahe Einkaufsmöglichkeiten und Freizeitangebote aus.

Um herauszufinden, was alte Menschen in ihrer Nachbarschaft und Umgebung brauchen, können mit ihnen systematische Begehungen durchgeführt werden. Dabei müssen die Bedürfnisse von fragilen Menschen, Armutsbetroffenen, sozial Isolierten oder MigrantInnen mitberücksichtigt werden. Für die anschliessende Umsetzung der nutzbringendsten Massnahmen ist der Einsatz zahlreicher Fachpersonen erforderlich.