Die Gemeinde ist verantwortlich für die Pflegeversorgung und trägt einen grossen Anteil der Pflegekosten.

  GeKoZH Bericht: Erfahrungsanalyse 10 Jahre Pflegefinanzierung Kanton Zürich

Praxisleitfaden Pflegefinanzierung in den Gemeinden (vzgv)

Kurse Pflegefinanzierung, Praxishilfe für Gemeinden (vzgv)

Broschüre der GD zur Pflegefinanzierung

Kosten Pflegeversorgung Kanton Zürich

Schätzungsweise belaufen sich die Gesundheitsausgaben im Kanton Zürich auf 15 Milliarden Franken jährlich. Die öffentliche Hand trägt einen Teil der OKP-Kosten, im Fall der Pflegeversorgung sind es die Gemeinden. Seit 2012 ist der Gemeindeanteil von 357 Millionen Franken laufend gestiegen und 2020 betrug er 644 Millionen Franken (vgl. RRB 5849/2022).

Kostenträger

Die Pflegekosten werden von drei Kostenträgern finanziert: den LeistungsbezügerInnen, der Krankenpflegeversicherung (OKP) und der Gemeinde.

Das Normdefizit und die Restkosten

Damit Leistungserbringer möglichst wirtschaftlich arbeiten, werden die Normkosten aller Leistungserbringer ermittelt und zwar separat für stationäre und ambulante Leistungserbringer. Die Gemeinden tragen in der Regel die Restkosten oder aber maximal das Normdefizit, das sich aus den Normkosten der Pflegeleistungen abzüglich der fixen Beiträge von LeistungsbezügerInnen und OKP ergibt. Das Normdefizit ist der Beitrag, den die Gemeinde einem Leistungserbringer ohne Leistungsauftrag maximal für Pflegeleistungen bezahlen muss.

Festlegung Normdefizit

Das Normdefizit wird jedes Jahr von der Gesundheitsdirektion für das kommende Beitragsjahr neu festgelegt und basiert auf den Pflegevollkosten aller Leistungserbringer des vorangehenden Rechnungsjahrs. Die GD erhebt von den Leistungserbringern die entsprechenden Daten. In ihren Kreisschreiben veröffentlicht die GD die geltenden Normdefizite für ein Jahr.

Beispiel: Im Jahr 2024 gelten Tarife, die von der GD im Sommer 2023 kommuniziert wurden. Diese hat die GD anhand von Daten aus 2022 berechnet. Es gibt also immer eine zweijährige Verzögerung.


Wichtige Grundsätze und Ausnahmen

  • Gemeindeeigene oder beauftragte Leistungserbringer erhalten gemäss Pflegegesetz von den Gemeinden die effektiven Pflegerestkosten vergütet (§ 9 Abs. 4 Pflegegesetz). Die Gemeinden können in ihren Leistungsvereinbarungen ihren Beitrag pauschalieren, sofern das beauftragte Pflegeheim damit einverstanden ist. Mit einem beauftragten Leistungserbringer können in der Leistungsvereinbarung auch für den Fall von Verlusten oder Gewinnen Regelungen getroffen werden.
  • Das Normdefizit als obere Grenze ist für nichtbeauftragte Leistungserbringer vorgesehen. Falls ein nichtbeauftragter Leistungserbringer günstiger als die Normkosten arbeitet, kann die Gemeinde die tatsächlichen Kosten der Leistungserbringung (d. h. Vollkosten) vergüten. Im Kanton Zürich erstellen die Leistungserbringer ihre Rechnung jedoch meist anhand des geltenden Normdefizits.
  • Falls die Gemeinde innerhalb nützlicher Frist kein geeignetes Pflegeangebot vermitteln kann, muss sie auch die Mehrkosten der Leistungserbringung tragen (§§ 6 und 14 Pflegegesetz). Falls LeistungsbezügerInnen das vermittelte, angemessene bzw. zumutbare Angebot ausschlagen, müssen sie allfällige zusätzliche Kosten selbst tragen.
  • In jedem Fall müssen die Pflegekosten eindeutig von anderen Kosten abgegrenzt werden. Es ist z. B. nicht zulässig, dass Einkünfte aus anderen Bereichen (wie beispielsweise Hauswirtschaft, Betreuung, Hotellerie) die Pflege quersubventionieren oder umgekehrt.
  • Die von der öffentlichen Hand geführten bzw. beauftragten Heime dürfen für Hotellerie und Betreuung maximal kostendeckende Tarife verrechnen (§ 12 Abs. 2 Pflegegesetz). Sie müssen das nachweisen, indem sie die jeweiligen Kosten und Erträge für Hotellerie und Betreuung separat berechnen. Länger andauernde Ertragsüberschüsse, die 5 % überschreiten, müssen innert nützlicher Frist durch Tarifsenkungen ausgeglichen werden.
  • Es ist nicht zulässig, Spitex-Leistungen in einem Pflegeheim zu finanzieren. Für diese Situationen, z. B. wenn eine Bewohnerin am Lebensende die spezialisierte Palliative Care Spitex braucht, müssen andere Lösungen gefunden werden. Viele Gemeinden tragen diese Kosten deshalb vollständig.
  • Die Kosten der Akut- und Übergangspflege (AÜP) tragen OKP und Gemeinde ohne Patientenbeteiligung.

Kosten und Finanzierung der ambulanten Pflegeversorgung

Die Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) verlangt eine umfassende Bedarfsermittlung durch eine qualifizierte Pflegefachperson (KLV A Leistung). Diese erfolgt mit einem standardisierten Instrument – üblicherweise interRAI – und die Pflege wird entsprechend geplant. Die Pflegeleistungen werden erfasst und im Fünfminutentakt abgerechnet, pro Einsatz mindestens 10 Minuten. Sie bilden die Basis der monatlichen Rechnungsstellung an die Kostenträger:

  • Die Patientenbeteiligung pro Pflegetag ist in der Regel unabhängig vom Umfang der Pflege.
  • Die OKP bezahlt fixe Tarife pro Stunde und Leistungskategorie A, B, C.
  • Die öffentliche Hand bezahlt die Restkosten (§ 9 Abs. 4 Pflegegesetz) resp. die vereinbarten Tarife pro Stunde und Leistungskategorie A, B, C für die unterschiedlichen Leistungserbringer. Für nichtbeauftragte Leistungserbringer müssen die Gemeinden die effektiven ungedeckten Pflegekosten übernehmen, jedoch maximal im Umfang des kantonalen Normdefizits (§§ 15 Abs. 2 und 3 und 17 Pflegegesetz).

Berechnung Normdefizit

Gemäss Pflegegesetz müssen Spitex-Organisationen eine Kostenrechnung führen, anhand derer die Gesundheitsdirektion die anrechenbaren Vollkosten jeder Spitex-Organisation ermittelt. Sie bildet die Grundlage für die Berechnung der Normkosten pro Stunde für KLV A/B/C Leistungen und erfolgt je separat für Spitex-Organisationen mit oder ohne Leistungsauftrag und für selbstständig erwerbende Pflegefachpersonen. Die Normkosten abzüglich des OKP-Beitrags ergeben das Normdefizit. Die effektiv vom Leistungserbringer (gegenüber den PatientInnen) in Rechnung gestellten Patientenbeteiligungen müssen bei der Rechnungstellung an die Gemeinde in Abzug gebracht werden. Das Normdefizit zeigt die wirtschaftliche Leistungserbringung für beauftragte und nichtbeauftragte Leistungserbringer auf.

Beispiel 2024: Normdefizite für beauftragte Spitex-Organisation (siehe Kreisschreiben)

  Normkosten Std./Fr.* Beiträge OKP Normdefizit Std./Fr.** Patientenbeteiligung***
KLV A 155.17 76.90 78.25 max. 7.65/Tag
KLV B 154.12 63.00 91.20 max. 7.65/Tag
KLV C 135.80 52.60 83.40 max. 7.65/Tag

*inkl. Zuschlag Ausbildungsverpflichtung, **Normdefizit wird gerundet auf 5 Rappen, ***Die Patientenbeteiligung wird bei der Rechnungsstellung an die Gemeinde abgezogen


Beispiel 2024: Normdefizite für nichtbeauftragte Spitex-Organisationen (siehe Kreisschreiben)

  Normkosten Std./Fr.* Beiträge OKP Normdefizit Std./Fr.** Patientenbeteiligung***
KLV A 117.91 76.90 41.00 max. 7.65/Tag
KLV B 95.47 63.00 32.45 max. 7.65/Tag
KLV C 81.41 52.60 29.00 max. 7.65/Tag

*inkl. Zuschlag Ausbildungsverpflichtung, **Normdefizit wird gerundet auf 5 Rappen ***Die Patientenbeteiligung wird bei der Rechnungsstellung an die Gemeinde abgezogen


Weshalb sind die Kosten von beauftragten Spitex-Organisationen höher?

Die PatientInnen können frei wählen zwischen beauftragten und nichtbeauftragten Spitex-Organisationen. Eine sogenannte Privat-Spitex kann Fälle ablehnen, hingegen muss die beauftragte Spitex-Organisation alle zugewiesenen Fälle übernehmen. Das heisst z. B. ein Einsatzbereitschaft innerhalb weniger Stunden, Einsätze mit langen Wegzeiten oder kurze Einsätze. Es müssen auch komplexe Pflegeleistungen erbracht werden können und auch nichtpflegerische Leistungen erbracht werden. Die Vorhalteleistungen, höheren Personalkosten etc. erklären die höheren Kosten einer beauftragten Spitex-Organisation.

Tarife für nichtpflegerische Spitex-Leistungen

Die Spitex-Tarife für Hauswirtschaft und Betreuung durch beauftragte Spitex-Organisationen variieren. Je nach wirtschaftlicher Lage der LeistungsbezügerInnen müssen die Gemeinden diese Kosten mindestens zur Hälfte übernehmen (§ 13 Pflegegesetz).

Beispiel Tarif, Spitex Stadt Zürich: Je nach wirtschaftlicher Lage werden den LeistungsbezügerInnen zwischen 31 und 44 Franken pro Stunde verrechnet, die Gemeinde übernimmt die verbleibenden Kosten (mindestens 44 Franken pro Stunde).

Kosten und Finanzierung der stationären Pflegeversorgung

Der Pflegebedarf im stationären Bereich wird anhand von standardisierten Instrumenten (z. B. BESA, RAI) ermittelt. Jede Stufe entspricht einem Pflegeaufwand von 20 Minuten pro Tag, auf Stufe 3 wären das demnach eine Stunde bzw. bis zu 60 Minuten pro Tag. Die Pflegebedarfsstufen bilden die Basis für die Rechnungsstellung an die Kostenträger:

  • Patientenbeteiligung pro Tag grundsätzlich maximal 23 Franken/Tag, ausser das Ergebnis der in Rechnung gestellten Pflegekosten, abzüglich des Beitrags der Krankenversicherer, ergäbe einen tieferen Betrag als die Patientenbeteiligung (z. B. Pflegebedarfsstufe 1).
  • Die OKP bezahlt fixe Tarife für die Pflegebedarfsstufen 1−12.
  • Die öffentliche Hand bezahlt die Restkosten. Für nichtbeauftragte Leistungserbringer müssen die Gemeinden die effektiven ungedeckten Pflegekosten übernehmen, jedoch maximal im Umfang des kantonalen Normdefizits pro Stufe (§§ 15 Abs. 1 und 3 und 16 Pflegegesetz).

Berechnung Normdefizit

Gemäss Pflegegesetz müssen die Alters- und Pflegeheime eine Kostenrechnung führen, anhand derer die Gesundheitsdirektion den Medianwert berechnet (50. Perzentil = die Hälfte der Leistungserbringer hat tiefere Kosten und die andere Hälfte hat höhere Kosten). Der Medianwert entspricht den Normkosten, anhand derer das Normdefizit berechnet wird.

Beispiel 2024: Normdefizite für stationäre Pflegekosten, Auszug (siehe Kreisschreiben)

 

Normkosten
Tag/Fr.

Beiträge
OKP


Patientenbeteiligung pro Tag

Normdefizit
Std./Fr.**

Stufe 1

16.84

9.60

7.24

0.00

 

 

 

 

Stufe 3

81.01

28.80

23.00

29.20

 

 

 

 

Stufe 6

177.25

57.60

23.00

96.65

 

 

 

 

Stufe 9

273.49

86.40

23.00

164.10

….

 

 

 

 

Stufe 12*

369.74

115.20

23.00

231.55

*Stufe 12 gilt für Personen mit Pflegebedarf von mehr als 220 Minuten, der Beitrag der OKP ist ab Stufe 12 auf aktuell Fr. 115.20 pro Tag limitiert und die Gemeinden übernehmen die Restkosten.


Erhalten beauftragte Alters- und Pflegeheime höhere Pflegebeiträge?

Die Restkosten können über oder unter dem Normdefizit liegen:

  • Gemeindeeigene oder beauftragte Leistungserbringer erhalten gemäss Pflegegesetz von den Gemeinden die effektiven Pflegerestkosten vergütet (§ 9 Abs. 4 Pflegegesetz). Die Gemeinden können in ihren Leistungsvereinbarungen ihren Beitrag pauschalieren, sofern das beauftragte Pflegeheim damit einverstanden ist. In der Praxis berechnen die Leistungserbringer anhand ihrer Kostenrechnung die effektiven Pflegerestkosten.
  • Heime ohne Leistungsvereinbarung stellen den Gemeinden die Pflegerestkosten in Rechnung, maximal die Normdefizite. Falls ein nichtbeauftragtes Heim seine Pflegeleistungen in einem Jahr nicht kostendeckend erbringt, macht es Verlust. Umgekehrt kann ein Heim in einem Jahr auch Gewinne erzielen, falls es das Normdefizit verrechnet. In diesem Fall könnte die Gemeinde aber die tatsächlich tieferen Pflegerestkosten des Leistungserbringers bezahlen.
  • Mit beauftragten bzw. gemeindeeigenen Pflegeheimen können die Gemeinden höhere Pflegebeiträge vereinbaren. Das Normdefizit dient hier als Richtwert, an dem sich die Verhandlungen orientieren. Diese Leistungsvereinbarungen umfassen z. B. Notfälle und kurzfristige Eintritte, komplexe bzw. schwere Pflegefälle, spezialisierte Leistungen (Demenz, Psychiatrie). Grundsätzlich können die gemeindeeigenen oder beauftragten Heime der Gemeinde auf den vollen Restkosten bestehen (§ 9 Abs. 4 Pflegegesetz).
  • Die beauftragten oder gemeindeeigenen Heime dürfen ihren Bewohnenden aus der jeweiligen Gemeinde jedoch höchstens kostendeckende Taxen für Hotellerie und Betreuung verrechnen (§ 12 Abs. 2 Pflegegesetz). Pflegeheime ohne Leistungsauftrag können ihre Preise für Hotellerie und Betreuung frei gestalten.

Kosten für MiGeL Produkte

Produkte aus der MiGeL (Mittel- und Gegenständeliste) werden in der Pflege benötigt und umfassen beispielsweise Inkontinenzmaterial, Verbandsmaterial, Sauerstoffgeräte. Diese Kosten werden seit Herbst 2021 wieder grundsätzlich von der OKP getragen. MiGeL-Kosten

Weitere Taxen von Alters- und Pflegeheimen

Die Kosten für Verpflegung und Unterkunft (Hotellerie) sowie Alltagsgestaltung und Betreuung gehen vollumfänglich zu Lasten der LeistungsbezügerInnen und werden ihnen direkt in Rechnung gestellt. Diese Kosten variieren nach Angebot (z. B. Heimbetreiber, Lage der Institution) und Inanspruchnahme (z. B. Grösse und Komfort des Zimmers, Ausmass Betreuung). Reicht das Einkommen der Bewohnenden nicht aus für die Taxen des Alters- und Pflegeheims, decken die Zusatz- bzw. Ergänzungsleistungen die Differenz, soweit die Voraussetzungen für den Bezug solcher Leistungen erfüllt sind. Ergänzungsleistungen

Beispiel: Kosten für Alters- und Pflegeheim ohne Pflegekosten: Im Kanton Zürich kostet ein Einerzimmer mit Nasszelle durchschnittlich 155 Franken pro Tag und die Betreuung durchschnittlich 45 Franken pro Tag. Total sind das pro Person rund 6000 Franken pro Monat. Im Kanton Zürich betragen die über Ergänzungsleistungen anrechenbaren Heimtaxen aktuell maximal 255 Franken pro Tag für Hotellerie, Betreuung, Patientenbeteiligung an den Pflegekosten.