Bezüglich Pflegeversorgung haben die Zürcher Gemeinden gemäss Pflegegesetz folgende Pflichten mit einem gewissen Gestaltungsspielraum:

  • Versorgungsplanung: Sie sorgen für eine bedarfs- und fachgerechte Pflegeversorgung ihrer Bevölkerung (§ 5 Abs. 1).
  • Pflegefinanzierung: Sie tragen die Restkosten der Pflege (§ 9 Abs. 4).
  • Weitere Pflichten sind beispielsweise ein Versorgungskonzept zu erstellen, eine Informationsstelle und Vermittlungsstelle zu betreiben oder zu benennen (§ 7 Pflegegesetz und § 3 Abs. 2 und 3 Verordnung über die Pflegeversorgung).

Gemeinde sorgt für das gesamte Pflegeangebot

Die Gemeinden sorgen für eine bedarfs- und fachgerechte Pflegeversorgung ihrer EinwohnerInnen und stellen durch angemessene Planung die folgenden Leistungen sicher (Pflegegesetz § 5):

  • ambulante und stationäre Pflegeleistungen gemäss Sozialversicherungsgesetzgebung des Bundes;
  • Leistungen der Akut- und Übergangspflege (AÜP) gemäss KVG;
  • notwendige Leistungen für Unterkunft, Verpflegung und Betreuung in Pflegeheimen;
  • notwendige Leistungen im hauswirtschaftlichen und betreuerischen Bereich für pflegebedürftige Personen zu Hause (nichtpflegerische Spitexleistungen).

Zu diesem Zweck können Gemeinden eigene Betriebe führen und/oder Dritte beauftragen, wobei es Ausnahmen geben kann.

Gemäss Verordnung über die Pflegeversorgung müssen die Gemeinden das minimale Pflegeversorgungsangebot (=Standardangebot) für ihre Bevölkerung sicherstellen und dabei die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der LeistungsbezügerInnen bewahren oder stärken und stationäre Aufenthalte möglichst vermeiden, verzögern oder verkürzen (§ 1, Grundsatz ambulant vor stationär). Der Versorgungsauftrag umfasst alle Pflegeleistungen (§ 3), auch spezialisierte Leistungen, beispielsweise für Kinder, für Menschen mit demenziellen oder psychiatrischen Erkrankungen, für Palliative Care Leistungen.

Gemäss Verordnung über die Pflegeversorgung (PflegeVO) müssen die Gemeinden neben dem Standardangebot von Pflegeleistungen (Art. 7 KLV) zudem folgende Leistungen sicherstellen:

  • im Pflegeheim: Unterkunft und Verpflegung (§ 5 PflegeVO), Alltagsgestaltung und Betreuung (§ 6 PflegeVO);
  • durch Spitex-Organisation: nichtpflegerische Leistungen (§ 7 PflegeVO), Anspruchsberechtigung der LeistungsbezügerInnen und Verfügbarkeit der Leistungen sind in § 8 PflegeVO geregelt.

Zudem müssen die Gemeinden sicherstellen, dass die Leistungserbringer (§ 10 PflegeVO) z. B. das Patientinnen- und Patientengesetz beachten, Persönlichkeit und Privatsphäre der LeistungsbezügerInnen schützen, die Patientenverfügung besprechen sowie dass LeistungsbezügerInnen über wichtige Änderungen der Pflegeversorgung und -finanzierung informiert werden.

Gemeinde als Leistungserbringer oder Auftraggeber

Um diese Anforderungen des Pflegegesetzes zu erfüllen, können Gemeinden Leistungsaufträge vergeben oder eigene Betriebe führen. Sofern nachweislich ein ausreichendes Angebot besteht, kann es auch Ausnahmen geben. Die PatientInnen können die Spitex-Organisation oder das Pflegeheim frei wählen, auch wenn die Gemeinde ein eigenes Heim betreibt oder eine Spitex-Organisation beauftragt hat. In jedem Fall bleibt die Wohngemeinde zuständig für die Finanzierung der Pflege-Restkosten. Neben den selbstständig erwerbenden Pflegefachpersonen sind in den Zürcher Gemeinden verschiedene Leistungserbringer tätig, die sich bezüglich Rechtsform unterscheiden.

Beispiele Rechtsform: Es gibt Spitex-Organisationen und Alters-/Pflegeheime, die als Teil der Gemeindeverwaltung betrieben werden. Immer häufiger werden sie als öffentlich-rechtliche Anstalt oder als gemeinnützige AG mit der Gemeinde als Eigentümerin oder als Verein oder Stiftung betrieben. Die gewählte Rechtsform hat keinen Einfluss auf die Leistungserbringung, solange sie zweckdienlich ausgestaltet ist. In den letzten Jahren ist die Anzahl an kommerziellen Alters- und Pflegeheimen sowie Spitex-Organisationen (GmbH oder AG) gewachsen. Diese Institutionen haben meist keinen strategischen Bezug zur Gemeinde und keinen Leistungsauftrag.


Warum erteilt eine Gemeinde Leistungsaufträge? Warum nicht?

  • Indem eine Gemeinde eine Spitex-Organisation oder ein Pflegeheim beauftragt, sichert sie die Pflegeversorgung ihrer Bevölkerung und delegiert ausgewählte Aufgaben an Dritte.
  • Mit einem Leistungsauftrag kann eine Gemeinde gewisse Aspekte der Leistungserbringung mitgestalten und mit ihren eigenen strategischen Prioritäten in Einklang bringen.
  • Gemeindeeigene bzw. beauftragte Leistungserbringer dürfen den Gemeinden höhere Pflegekosten verrechnen und teilweise gibt es weitere Verpflichtungen der Gemeinden (z. B. Defizitdeckung).
  • Die gemeindeeigenen oder gemeindenahen Betriebe haben meist eine Gemeindevertretung in der Geschäftsleitung, im Stiftungsrat oder im Vorstand und üblicherweise einen Leistungsauftrag der Gemeinde.
  • Wenn Gemeinden Leistungsaufträge vergeben, muss sehr sorgfältig geprüft werden, ob das Submissionsrecht anwendbar ist. Submissionen Spitexleistungen

  GeKoZH Themenpapier Submission Spitex-Leistungen

Organisationen mit und ohne Leistungsauftrag der Gemeinde unterscheiden sich bzgl. Leistungen, Kosten und Finanzierung (Kapitel 3.4.).

Gemeinde macht die Versorgungsplanung der Pflege

Die stationäre Versorgung ist bzgl. Planung sehr anspruchsvoll. Deshalb wird im Pflegegesetz (§ 8) verlangt, dass die Gemeinde ihr Angebot an Pflegeheimplätzen nach anerkannten Methoden plant. Die Gesundheitsdirektion stellt deshalb den Gemeinden entsprechende Grundlagen und Hinweise zur Verfügung (vgl. Bericht zur Bedarfsentwicklung und Steuerung der stationären Pflegeplätze), die auf einer Studie des OBSAN (Schweizerisches Gesundheitsobservatorium) basieren.

Im aktuellsten Bericht von 2021 wurde der prognostizierte Bedarf an Pflegeplätzen gegenüber früheren Prognosen für 2040 deutlich nach unten korrigiert. In einzelnen Bezirken werden nach wie vor Überkapazitäten prognostiziert.

Wer im Kanton Zürich eine Pflegeinstitution betreiben möchte, benötigt eine Betriebsbewilligung der Gesundheitsdirektion (bzw. der Abteilung Bewilligungen & Aufsicht des Amts für Gesundheit). Wenn die Voraussetzungen (z. B. Trägerschaft, Infrastruktur, Personal, Konzepte) erfüllt sind, wird die Bewilligung unabhängig vom Bedarf und ohne Mitsprache der Gemeinde erteilt.

Für die Gemeinden gibt es bezüglich Bedarfsprognose, Versorgungsplanung und Überkapazitäten verschiedene Herausforderungen (Kapitel 3.5.).

GeKoZH Bericht zur Versorgungsplanung (2022)

Gemeinde übernimmt die Restkosten der Pflege

Die Kosten von Pflegeleistungen werden übernommen von (Kapitel 3.4.):

  • LeistungsbezügerInnen: begrenzte Eigenbeteiligung;
  • Obligatorische Krankenpflegeversicherung: fixe Beiträge pro Pflegestunde oder Pflegetag (nach Pflegebedarfsstufen);
  • öffentliche Hand: Restfinanzierung, im Kanton Zürich die Wohngemeinde.

Der Eintritt in ein Alters- oder Pflegeheim begründet keine neue Finanzierungszuständigkeit (§ 9 Abs. 5 Pflegegesetz) und die ursprüngliche Wohngemeinde bleibt zuständig für die Restkostenfinanzierung. Der zivilrechtliche Wohnsitz kann – muss aber nicht – an den Standort des Pflegeheims verschoben werden.

 GeKoZH Bericht: Erfahrungsanalyse 10 Jahre Pflegefinanzierung Kanton Zürich

Beispiel: Die ursprüngliche Wohngemeinde bleibt zuständig für die Finanzierung der Pflegerestkosten. Das ist in der Regel auch der Fall, wenn jemand vorübergehend bei Angehörigen wohnt und dort Spitex-Leistungen erhält oder wenn eine Leistungsbezügerin ausserkantonal in ein Heim will (bezüglich interkantonaler Zuständigkeit gilt Art. 25a Abs. 5 KVG). Dann gelten maximal die Normdefizite des Kantons Zürich.

Da der Kanton Zürich einen der höchsten Tarife hat, sind die Restkosten der anderen Kantone tiefer und daher meist kein Problem. Die Leistungserbringer stellen die Rechnung für die Restkosten der ursprünglichen Wohngemeinde.


Die Gemeinde muss Rechnungen für Pflegefälle anfänglich auf die Zuständigkeit hin klären und danach regelmässig kontrollieren und bezahlen. Die Gemeinden sind ganz unterschiedlich organisiert, je nachdem sind Fachpersonen der Abteilung Gesundheit, Abteilung Gesellschaft/Soziales oder Abteilung Finanzen zuständig. Wie die Pflegekosten berechnet werden, wird weiter unten erklärt (Kapitel 3.4.).

Die Gemeinde trägt auch einen Teil der Kosten von nichtpflegerischen Spitex- Leistungen und Ergänzungsleistungen. Zudem kann jemand, der Hilfe für die alltäglichen Lebensverrichtungen benötigt, bei der IV bzw. AHV Hilflosenentschädigung beantragen. Eine individuelle Abklärung solcher Ansprüche ist sinnvoll und eine ganzheitliche Sichtweise der Gesamtkosten ist für Gemeinden wichtig (Kapitel 3.6.).

Gemeinde informiert über die Pflegeversorgung

Gemäss Verordnung über die Pflegeversorgung (§ 3 Abs. 2) müssen die Gemeinden ein umfassendes Versorgungskonzept erstellen. Es beschreibt das Leistungsangebot der Pflegeversorgung in der Gemeinde sowie die Nahtstellen zwischen der ambulanten und stationären Pflegeversorgung und den Nahtstellen zwischen Pflege- und Akutversorgung.

Gemäss Pflegegesetz (§ 7) muss die Gemeinde eine kommunale Informationsstelle bezeichnen, die Auskunft über das generelle und aktuell verfügbare Pflegeversorgungsangebot erteilt. Diese Stelle muss die Gemeinde bei der Bevölkerung bekannt machen.

Die kommunale Informationsstelle kann durch die Gemeinde selbst betrieben werden (z. B. Altersbeauftragte, Fachstelle für das Alter) oder durch Dritte (z. B. Nachbargemeinde, Spitex-Organisation, Pflegeheim, Beratungsstelle ProSenectute). Neben der allgemeinen Information kann die Stelle die EinwohnerInnen bei konkreten Fragen rund ums Leben und Wohnen im Alter beraten (Kapitel 3.6. und Kapitel 4).

Die Informationsstelle kann Pflegeleistungen vermitteln und muss dabei unbedingt die Wahlfreiheit der LeistungsbezügerInnen respektieren. Das heisst, dass die Informationsstelle sowohl eigene oder beauftragte als auch nichtbeauftragte Leistungserbringer bekannt machen muss – eine Wettbewerbsbehinderung ist zu vermeiden. Auf jeden Fall muss eine geeignete Stelle kurzfristig Pflegeleistungen vermitteln, insbesondere auch, wenn z. B. die beauftragte Spitex die Leistungen nicht selbst erbringen kann.

Beispiel: In der Kommunikation mit Betroffenen ist die Wahlfreiheit sehr wichtig.  Dabei muss gleichzeitig erwähnt werden, dass, wenn freiwillig auf ein kommunales Angebot verzichtet wird, die LeistungsbezügerInnen etwaige Mehrkosten (z.B. Auswärtigenzuschlag) selbst bezahlen müssten. Vor Eintritt in ein Heim sollten Betroffene das abklären und bei Bedarf mit dem Amt für Zusatzleistungen bzw. mit der Gemeinde Rücksprache halten.

 

Pflichten anderer Akteure in der Pflegeversorgung

Gesundheitsdirektion (GD)

  • GD hat die gesundheitspolizeiliche Oberaufsicht über die Leistungserbringer und ist Bewilligungs- und Aufsichtsbehörde;
  • GD aktualisiert die Pflegeheimliste und kann Vorschriften zur Planung von Pflegeheimplätzen erlassen;
  • GD ermittelt das Normdefizit für Spitex-Organisationen und Pflegeheime;
  • GD legt den Anteil der Gemeinden an der Vergütung der AÜP fest;
  • GD erlässt die Verordnung über die Pflegeversorgung.

Bezirksrat

  • Bezirksrat hat die gesundheitspolizeiliche Aufsicht über die Leistungserbringer;
  • Bezirksrat macht Visitationen bei den Leistungserbringern und erstattet der Direktion jährlich Bericht;
  • jede Person kann mittels Aufsichtsbeschwerde an den Bezirksrat gelangen, wenn sie bei einer öffentlichen Aufgabe einen Missstand feststellt.

Krankenpflegeversicherung

  • Die Versicherer prüfen die Rechnungen der Leistungserbringer und bezahlen ihren Beitrag direkt an die Leistungserbringer.
  • Aufgrund des Datenschutzes ist der systematische Abgleich der Rechnungen zwischen den Versicherern und Gemeinden aktuell nicht möglich.

Leistungserbringer (LE)

  • LE dürfen nur mit Bewilligung der GD tätig sein, erbringen ihre Leistungen nach den anerkannten Regeln der Berufsausübung und erfüllen die Mindestanforderungen an qualitätssichernden Massnahmen.
  • LE müssen transparente Rechnungen ausstellen, unterteilt nach Pflegekosten, Hotellerie, Betreuung, Weiteres.
  • LE führen eine Kostenrechnung gemäss geltender Verordnung über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime in der Krankenversicherung (VKL) und verbindlich vorgegebenen Kostenrechnungsvorgaben (vgl. Handbuch Kostenrechnung Curaviva/Artiset und Finanzmanual des Spitex Verbands CH).